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unverpackte Banane

Im Rahmen des Projekts "Jugend und Wirtschaft" des Bundesverbandes deutscher Banken und der Frankfurter Allgemeinen Zeitung haben sich Schülerinnen und Schüler des vierstündigen GK-Kurses von Dr. Michael Walter und der Politik-AG mit verschiedenen Aspekten des Themenkomplexes "Wirtschaft" beschäftigt. Hier die Arbeit von Carlos aus der K1 über Freiburgs ersten verpackungsfreien Supermarkt.

Nachhaltiger Konsum ist für viele Menschen unserer Gesellschaft ein wichtiges Thema. Das hat dazu geführt, dass sich innerhalb der letzten Jahre Einzelhändler entwickelt haben, die sich beim Thema Nachhaltigkeit nicht nur auf das Produkt selbst beziehen, sondern auch auf das, was zum Produkt dazugehört, nämlich die Verpackung. Ein besonderes Beispiel für dieses Konzept ist die „Glaskiste“ in Freiburg. Seit April 2017 verkaufen Adrean Dell'Aquila, Lisa Schairer und Björn Zacharias in der Moltkestraße 15 ihre Waren, hauptsächlich Bio-Lebensmittel, ohne dabei Verpackungsmüll in die Welt zu setzen. Einen großen Teil trägt hier auch die Kundschaft bei, die selber Transportbehälter mitbringt. Ansonsten können auch wiederverwendbare Behältnisse erworben werden.

Allerdings kommt es nicht nur auf den Transport vom Geschäft in die Wohnung an. Auch der Weg vom Produzenten zum Einzelhändler spielt eine entscheidende Rolle. „Das Konzept funktioniert nur bei regionalen Produkten, weil überregionale und insbesondere Überseewaren durch Plastikverpackungen während des Transportes geschützt werden“, erklärt Lisa Schairer, eine der drei Gründerinnen, die auch für den Bereich Marketing, Pressearbeit und Unternehmenskultur zuständig ist. Viele konventionelle Supermärkte (z.B. Aldi) führen ebenfalls den Schutz der Waren als Grund für die Verwendung von Verpackungen an. Auch sollen sie, z.B. laut der Fa. Aldi (in der Süddeutschen Zeitung vom 08. März 2018), die Handhabung der Waren vereinfachen. Lisa Schairer merkte hierzu an, dass der Arbeitsaufwand, der durch die Unverpackt-Methode entsteht, erheblich unterschätzt wurde. „Die Ware an sich ist durch das Wegfallen der Verpackung günstiger. Aber das Handling und Befüllen der Behälter bedeutet auch einen erhöhten Arbeitsaufwand. Trotzdem sind die Preise tendenziell niedriger als in einem normalen Bioladen vergleichbarer Größe“. Auch die Kundschaft bestätigt ein gleiches oder angemessenes Preis-Leistungs-Verhältnis. Einige sind sogar mit der Leistung deutlich zufriedener als bei konventionellen Supermärkten. „Das Konzept, das Angebot und die angenehme Atmosphäre sind überzeugend“. Diese und ähnliche Aussagen kamen vom Großteil der befragten Kundschaft. Ein Vergleich in anderen Supermärkten bei Obstprodukten zeigt, dass von der Größe vergleichbare Bioläden zu exakt identischen Preisen anbieten, während bei konventionellen Supermärkten die Preise für Bio-Obst in beide Richtungen abweichen.

Freiburg eignet sich für dieses Konzept gut, weil es im Umland eine vielfältige Erzeugerstruktur gibt. Somit ist es nicht allzu schwer, Handelspartner zu finden. Außerdem leben in Freiburg überdurchschnittlich viele Menschen mit einem hohen Umweltbewusstsein, die solch ein Konzept zu schätzen wissen. Freiburg wird ja schließlich häufig auch als „Green City“ gelabelt, und das hängt sicher nicht nur damit zusammen, dass die Stadt 16 Jahre lang einen grünen Oberbürgermeister (Dieter Salomon) an der Spitze hatte. Einige Freiburger warteten sogar sehnsüchtig darauf, dass es solch einen Laden gibt, weil es zum Zeitpunkt der Eröffnung bereits 30 weitere Geschäfte mit ähnlichem Konzept in deutschsprachigen Städten gab. Dennoch berichtet die Süddeutsche Zeitung, dass in einer PwC-Studie 94% der befragten Verbraucher sich für weniger Verpackungen und Verpackungsmüll ausgesprochen haben, sich jedoch beim Verzicht auf (zum Beispiel) Plastikverpackungen „schlicht hilflos“ fühlen. Die meisten Verbraucher sehen laut PwC sowohl Hersteller als auch Händler in der Pflicht, den Verpackungsmüll zu reduzieren. Auch dadurch wird klar, warum „Glaskiste“ in Freiburg schnell an Attraktivität gewonnen hat. Freiburg hatte viele Möglichkeiten, sich mit anderen bereits bestehenden verpackungsfreien Einzelhändlern auszutauschen. Das vermied Fehler, und Verbesserungen aus anderen Geschäften konnten direkt umgesetzt werden.

In ihren Laden haben die Gründer einen niedrigen sechsstelligen Betrag investiert. Das Geld kam zum Teil über ein Crowd-Funding zusammen, außerdem gab es private Einlagen und einen längerfristigen Bankkredit. Von den laufenden Kosten entfällt der größte Anteil auf das Personal, es folgen die Miete, Verwaltung und Energie. Das Konzept scheint aufzugehen, Umsatz und Ertrag liegen um 25% über den Erwartungen, sodass eine zweite Filiale im Stadtgebiet durchaus realistisch sein könnte. Auch deshalb, weil es in Freiburg bisher kein vergleichbares Konzept gibt und somit diese Marktlücke immer noch nicht geschlossen ist. Die „Glaskiste“ verzichtet bewusst auf Werbung mit Lockangeboten. Dennoch ist auf die regelmäßige Kundschaft Verlass. Vielleicht auch deshalb, weil man sich bemüht, ganzjährig ein attraktives Sortiment anzubieten, auch wenn das zu bestimmten Jahreszeiten eine Herausforderung darstellt.

Während „Glaskiste“ die Reduzierung des Verpackungsmülls in einem Schritt von Null auf Hundert vollzieht, gehen viele große Einzelhändler in kleineren Schritten vor, um auszutesten, wie weit Kunden bezüglich Umweltschutz und Reduzierung von Verpackungsmüll gehen möchten und inwieweit sich das auf den Erlös auswirkt. „Ekoplaza“, eine niederländische Supermarktkette, testet derzeit einen „plastikfreien Gang“. Hier werden ganz bewusst Plastikverpackungen durch umweltverträglichere Materialien ersetzt, man verzichtet also nur auf Plastik, und nicht, wie etwa „Glaskiste“, auf Verpackungen insgesamt. REWE verwendet Graspapier für seine Bio-Äpfel. LIDL testet Zellulosenetze aus PEFC-zertifiziertem Buchenholz, sowie Netze und Folien auf Zellulose-Basis. Gemüsesorten werden per Laser tätowiert, um auf Etiketten auf Verpackungen zu verzichten. Aldi Nord setzt seit einiger Zeit auf Mehrwegtransportkisten und spart dadurch jährlich 42000 Tonnen an Wertstoffen. Bloß die Trennung von den einfachen Plastik-Knotenbeuteln fällt vielen offenbar noch schwer. Auch wenn hinter all dem noch keine Gesamtstrategie der Branche zu sehen ist, steht außer Frage, dass in all diesen Einzelmaßnahmen ein riesiges Potenzial zur Reduzierung des Verpackungsmülls steckt.

Da das Leben der Menschen in der Vergangenheit, bis vor etwa 100 Jahren, ganz ohne Plastik funktioniert hat, besteht durchaus Hoffnung auf eine Zukunft zumindest ohne Plastik-Verpackungen. Dazu muss die „Unverpackt“-Idee sich schnell weiterverbreiten. Laut Lisa Schairer werde diese Art von Verkauf aber vom Großteil der Bevölkerung nur dann akzeptiert, wenn sie tatsächlich auch in jedem Stadtviertel zu finden sei. Die Kundschaft signalisiert, dass „Glaskiste“ als eine alltagstaugliche Einkaufsmöglichkeit angenommen wird. „Es hat sich eine Stammkundschaft gebildet, welche diesen Laden trägt.“, erklärt Lisa Schairer. Und fügt hinzu: „Allerdings sind erstaunlicherweise wenige Studenten (trotz der Nähe zur Universität) bei uns“.

Die Kundschaft würde weitere verpackungsfreie Filialen begrüßen und diese auch intensiver nutzen, wenn sie zahlreicher vorhanden wären. Des Weiteren ergab eine Kundenbefragung, dass der Großteil der Kundschaft über die Medien auf „Glaskiste“ gestoßen ist und seit der Eröffnung dort regelmäßig seine Einkäufe tätigt. So ist es jedenfalls bei der regelmäßigen Kundschaft. Aber auch bei Gelegenheitskunden kommt „Glaskiste“ gut an, auch wenn es zu Beginn gewöhnungsbedürftig scheint, selber Hand anzulegen beim Befüllen der Behältnisse, anstatt nur eine Plastiktüte aus dem Regal zu ziehen. Man ist auch mit der Auswahl, die „Glaskiste“ bietet, zufrieden. Auch bietet „Glaskiste“ eine angenehme Einkaufsatmosphäre.

Der Erfolg von „Glaskiste“ zeigt, dass viele Kunden die Idee des verpackungsfreien Einkaufens annehmen und das Konzept gute Chancen hat, sich weiter zu verbreiten. Und dass der Weg in eine Zukunft ohne Einwegverpackungen aus Plastik vielleicht gar nicht so weit ist, wie manche glauben.

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