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Im Rahmen unserer „Politikstunde“ begrüßten wir den Tourismusforscher Prof. Dr. Stefan Gössling.


Gössling, der an den Universitäten Lund und Linnaeus (Schweden) lehrt und seit den 1990er-Jahren zu den Wechselwirkungen von Klimawandel, Mobilität und Tourismus forscht, hat vielfach zu dem Thema publiziert und wird regelmäßig in renommierten Medien zitiert. In unserer Politikstunde sprach er über „Reisen in Zeiten von Social Media“, ein Thema, das die Lebenswelt unserer Schüler*innen in Zeiten von Instagram und „Gap Year“ stark prägt.

Zu Beginn schilderte Gössling eine persönliche Erfahrung: Beim Schlüpfen von Meeresschildkröten, bemerkte er, dass plötzlich die digitale Darstellung des Erlebnisses wichtiger war als das Ereignis selbst. Dieses Verhalten steht lt. ihm exemplarisch für eine Entwicklung, bei der Reisen zunehmend dem Aufbau von sozialem Status dienen. In sozialen Netzwerken entstehe ein „Netzwerkkapital“, das beeinflusse, wie Menschen wahrgenommen werden. Reisen werde damit teilweise von einer Möglichkeit der Erholung und Begegnung zu einer Notwendigkeit, den eigenen Status zu halten. Umwelt- und Klimafragen spielten in diesen Selbstdarstellungen jedoch kaum eine Rolle.
Gössling präsentierte außerdem eine aktuelle Studie zu den 100 wichtigsten Travel-Influencern des Jahres 2023, deren starkes Flugaufkommen in einer Heatmap sichtbar wurde. Plattformen wie Instagram verstärkten die Tendenz zur visuellen Inszenierung erheblich.

In der Diskussion berichteten Schüler*innen, dass sie beim Reisen teilweise einen gewissen Druck verspüren, möglichst viele Orte sehen zu müssen, um nichts zu verpassen. Die ständige Vergleichbarkeit führe zu Unsicherheiten, da Inszenierungen auf Social Media oft übertrieben oder unrealistisch wirkten. Gleichzeitig stellten die Jugendlichen Fragen nach Respekt gegenüber anderen Kulturen und danach, wie verantwortungsbewusstes Verhalten im Reiseland aussehen kann. Gössling betonte die Bedeutung, sich ein Stück weit von diesen Erwartungshaltungen zu lösen und das eigene Erleben in den Mittelpunkt zu stellen.

Warum das Reisen für uns eine so große Bedeutung hat, ordnete Gössling historisch ein. Urlaub sei eine kulturelle Errungenschaft, die sich erst im Laufe des 20. Jahrhunderts Schritt für Schritt entwickelte. Erst in den Nachkriegjahren ab den 1950er Jahren stand den Menschen in Deutschland genug Mittel und freie Urlaubstage zur Verfüfung, was dem Massentourismus den Weg bereitete.
Heute seien Flugreisen so günstig wie nie, was das Reiseverhalten weiter verstärke – allerdings mit gravierenden Folgen: Eine einzige Flugreise nach Australien verursacht so viele Emissionen wie der durchschnittliche CO₂-Jahresausstoß einer Person in Deutschland.
Auf Fragen zum Klimawandel wünschte sich Gössling eine konsequentere Klimapolitik. Die EU sei weltweit führend im Klimaschutz, während er China als möglichen wichtigen Partner der Zukunft sehe. Airlines wiederum präsentierten sich häufig klimafreundlicher, als sie sind, verschöben Verantwortung auf Regierungen und seien wirtschaftlich erstaunlich wenig profitabel. Der Flugverkehr werde auf absehbare Zeit nicht nachhaltig werden. Phänomene wie die vor einigen Jahren häufiger genannte „Flugscham“ seien bislang nur in bestimmten gesellschaftlichen Gruppen verbreitet und stark von gesellschaftlichen Debatten abhängig.

Im Anschluss diskutierte Prof. Gössling ausführlich mit den Teilnehmer*innen des Seminarkurs „Reisen“. Die Schüler*innen stellten ihre Ideen für Hausarbeiten vor und kamen mit ihm über verzerrte Darstellungen auf Social Media, die Wirkung großer Sportveranstaltungen auf den Tourismus, psychologische Motive des Reisens, die Auswirkungen von Jetlag auf sportliche Leistung oder die Frage der Authentizität von Influencern ins Gespräch. Gössling gab Einblicke in vorhandene Studien, beantwortete Fragen ausführlich und ermutigte zu einer kritischen, faktenbasierten Betrachtung.

Der Besuch von Prof. Stefan Gössling bot unseren Schüler*innen einen aktuellen und differenzierten Einblick in die Zusammenhänge von Social Media, Reiseverhalten und Klimawandel.
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