Was bedeutet lebenslänglich? Was ist der Unterschied zwischen Mord und Todschlag? Ist es nicht schwierig, einen Mörder zu vertreten? Und kann man einen Fall auch abgeben? Als Christoph Kuhlmann Ende Mai zu Gast im Deutschunterricht der Kursstufe 2 von Johanna Nolte ist, haben die Schülerinnen und Schüler viele Fragen an ihn. Christoph Kuhlmann ist Fachanwalt für Strafrecht, weitläufig auch unter dem Begriff Strafverteidiger bekannt.
Eingeladen hat Johanna Nolte den Rechtsanwalt im Anschluss an die Lektüre von Georg Büchners Dramenfragment „Woyzeck". In Büchners Werk wird der Soldat Franz Woyzeck zum Mörder, nachdem sein Vorgesetzter ihn ausnutzt und seine Freundin ihn betrügt. Mit dem historischen, ausführlich dokumentierten Fall Woyzecks, dessen Prozess fast 200 Jahre zurückliegt und ganze 3 Jahre dauerte, hat sich Kuhlmann im Rahmen seiner Arbeit ausgiebig beschäftigt und Parallelen zu eigenen, strafrechtlich ähnlichen Fällen gezogen. Heute wie damals interessieren dabei Fragen wie: Wann ist ein Mensch schuldig? Warum wird ein Mensch zum Mörder? Weshalb tötet ein Mensch ausgerechnet die Person, die ihm hilft? Gebannt folgen die Schüler den Ausführungen Kuhlmanns. Das sind Fragen, die auch sie beschäftigen; Fragen, auf die es manchmal keine Antworten zu geben scheint.
Auf anschauliche Weise gibt Kuhlmann Einblicke in seinen Berufsalltag als Strafverteidiger, streift das deutsche Strafrecht und Gefängniswesen und wirft auch schwierige Fragen auf wie: Hat der Mensch einen freien Willen? Auch zum Jurastudium kann Kuhlmann einiges erzählen. Das ist für die Abiturienten, die sich nach ihrem Abschluss Gedanken über ihre berufliche Zukunft machen, natürlich besonders interessant. Eine grundlegende Voraussetzung für eine Karriere als Strafverteidiger gibt es auf jeden Fall, so Kuhlmann: „Man muss den Standpunkt vertreten, dass jeder ein Recht auf Verteidigung hat". Und man muss mit Misserfolg umgehen können, denn: „Strafverteidigung ist ein Geschäft mit vielen Niederlagen", weiß Kuhlmann. Ob sich der eine oder andere Schüler schon als Strafverteidiger sieht? Oder seinen Berufswunsch noch einmal überdenkt? Eins aber ist sicher: Bei seinem Unterrichtsbesuch konnte Christoph Kuhlmann mit dem ein oder anderen Klischee aus Richtersendungen und Fernsehkrimis aufräumen.