Günther Schulz von der Brasilieninitiative Freiburg über Land, Politik und warum sich die Initiative mit Volkswagen anlegt.

Günther Schulz, der die Initiative vor 45 Jahren mitgründete, kennt Brasilien aus eigener Anschauung und hat auf seinen regelmäßigen Reisen viele Kontakte geknüpft. Gute Voraussetzungen also, um in der PS: Politikstunde von Politiklehrer Dr. Michael Walter über das riesige und vielschichtige Land zu berichten und mit den Schüler*innen über die aktuelle Situation zu diskutieren.
Dass Brasilien ein Land großer Kontraste ist, wurde schnell deutlich. Der von Armut geprägte Nordosten, das riesige, rohstoffreiche Amazonasbecken und der relativ reiche Süden ergeben eine Mischung, die – verstärkt durch die heterogene Zusammensetzung der Bevölkerung – den gesellschaftlichen Zusammenhalt auf die Probe stellt und die Verständigung auf gemeinsame Werte erschwert.
Dies bildet sich auch im Kongress ab, wo aktuell 19 Parteien vertreten sind, was die Bildung von Mehrheiten jedes Mal zu einer spannenden Angelegenheit werden lässt. Eine Herausforderung also für Präsident Lula da Silva, der die Folgen der populistischen Vorgängerregierung unter Jair Bolsonaro zu korrigieren versucht, dafür aber keine eigene Mehrheit im Parlament hat.

Politikwechsel statt Populismus

Die Parallelen von Ex-Präsident Bolsonaro zu seinem erklärten Vorbild Donald Trump wurden nicht nur während dessen Amtszeit offenkundig sondern auch nach seiner Wahlniederlage. Ähnlich wie bei dem Sturm aufs Capitol in der US-Hauptstadt verursachten Bolsonaros Anhänger am 8. Januar 2023 einen Aufruhr im Parlaments- und Regierungsviertel der Hauptstadt Brasilia.
Während unter Bolsonaro die Abnutzung des Regenwalds noch deutlich beschleunigt wurde, hat Präsident Lula jetzt die Umweltschutzbehörde IBAMA und die Behörde zum Schutz indigener Völker FUNAI mit mehr Geld und Personal ausgestattet.

230301 Brasilieninitiative2Weitere Baustellen für die neue Regierung sind die unter Bolsonaro gelockerten Waffenbesitzregeln, die Korruption, die Parteienfinanzierung sowie die dramatische soziale Ungleichheit, die in der kurzen Amtszeit Bolsonaros stark zugenommen hat, in der über 30 Millionen Brasilianer*innen und damit etwa 15% der Bevölkerung unter die Armutsgrenze gerutscht sind.
Auch die Brasilieninitiative, deren Arbeit ausschließlich von Ehrenamtlichen getragen wird, hat viel zu tun. Neben Projekten wie dem Bau von Zisternen oder Straßenkinderprojekte ist sie auch politisch tätig und engagiert sich gegen soziale Ungleichheit.

David gegen Goliath: Eine Petition gegen VW

Aktuell hat sie sich eines besonders brisanten Themas angenommen: Dem Volkswagen-Konzern werden systematische Menschenrechtsverbrechen in Hunderten Fällen vorgeworfen, die Staatsanwaltschaft ermittelt bereits seit drei Jahren. Zugetragen haben soll sich dies bereits zwischen 1974 und 1986 auf der Rinderfarm Cristalino am Rande des Amazonasbeckens. Die Brasilieninitiative wurde durch den persönlichen Kontakt von Günther Schulz mit Ricardo Rezende, heute Professor für Menschenrechte an der Universität von Rio de Janeiro, auf die Geschichte aufmerksam. Rezende, ein katholischer Priester war damals in der Nähe der Farm tätig und geflohene Arbeiter suchten bei ihm Schutz.
Dass Volkswagen bisher keine Verantwortung für die Vorgänge übernimmt, eine bereits zugesagt schriftliche Stellungnahme zu den Vorwürfen bisher schuldig blieb und bei der geforderten Entschädigung offensichtlich auf Zeit spielt – viele der Betroffenen leben nicht mehr – empfindet die Brasilieninitiative als Skandal und hat daher auf der Kampagnenplattform Campact eine Petition erstellt, für die sie aktuell um Unterstützung wirbt.

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