Der Iran-Experte Augustin Laber sprach in "PS: Politikstunde" über die Proteste im Iran.

Seit September 2022 gibt es im ganzen Iran Proteste gegen die Regierung. Der Politikwissenschaftler Augustin Laber, der den Iran aus eigener Anschauung kennt und auch Persisch spricht, sprach vor den Schüler*innen der "PS: Politikstunde" über die Hintergründe der Proteste und die aktuelle Situation im Land. Zusammen mit seinem Workshop in der 11. Klasse bildete Labers Vortrag den Auftakt zu einer neuen Reihe der Landeszentrale für politische Bildung.

Auslöser der Proteste war der gewaltsame Tod der jungen Kurdin Jhina Amini, die am 16. September starb, nachdem sie von der Sittenpolizei wegen eines nicht richtig sitzenden Kopftuchs festgenommen und misshandelt worden war.

Die Nachricht vom Tod Aminis führte in ihrer kurdischen Heimat zu Protesten. Da sie sofort auch von landesweiten Medien aufgegriffen wurde, gab es nach wenigen Tagen auch in der Hauptstadt Teheran große Demonstrationen, gegen die das Regime mit großer Härte vorging.

Die Demonstrationen richten sich vor allem gegen die Gewalt gegen Frauen durch die Sittenpolizei und gegen die mit der Iranischen Revolution 1979 verhängte Kopftuchpflicht und die im schiitischen Gottesstaat geltenden Einschränkungen der bürgerlichen Freiheiten wie z.B. das allgemeine Tanzverbot und die Tatsache, dass Frau nicht Fahrrad fahren dürfen. Angesichts der katastrophalen wirtschaftlichen Lage des Irans werden aber auch Machtmissbrauch, Korruption und soziale Ungleichheit thematisiert.

Dass der Protest im wesentlichen von Frauen getragen wird, schreibt Laber u.a. der Tatsache zu, dass Frauen im Iran gut gebildet und in der Regel berufstätig sind. So seien 64% der Studierenden an iranischen Hochschulen weiblich.

Mittlerweile wurden mehr als 500 Menschen bei den Demonstrationen getötet, darunter auch Kinder. Die Vernetzung durch die sozialen Medien ist auch im Iran weit fortgeschritten, Bilder werden über Messengerdienste und per Instagram geteilt. So konnte Laber einige besonders eindrückliche Fotos und Videos zeigen, z.B. die eines Vaters, der auf dem Grab seiner bei einer Demonstration getöteten Tochter symbolisch einen Hochzeitstanz tanzt, als Zeichen dafür, dass sie jung und unverheiratet sterben musste.

Die aktuelle Situation beschreibt Laber als relativ ruhig, die sichtbaren Proteste hätten etwas abgenommen. Unter der Oberfläche gäre es aber weiter und er sieht ein Wiedererstarken der Demonstrationen voraus.

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