Zu Gast in der Politikstunde war Simone Thomas, die städtische Frauenbeauftragte der Stadt Freiburg.
Seit über elf Jahren engagiert sie sich in dieser Funktion für die Gleichstellung der Geschlechter und ist im Referat für Chancengerechtigkeit unter anderem für die Stelle zur Gleichberechtigung der Frau, die Geschäftsstelle Diversity und Antidiskriminierung sowie die Kontaktstelle Frau und Beruf zuständig.
Simone Thomas betonte, dass Gleichberechtigung nicht nur ein Frauenthema sei. Es gehe darum, alle Geschlechter mitzunehmen und gemeinsam an einer gerechteren Gesellschaft zu arbeiten.
Ein spannender Rückblick in die Geschichte zeigte: Als das Grundgesetz 1949 beschlossen wurde, saßen im Parlamentarischen Rat 61 Männer und nur 4 Frauen. Dass der Satz „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“ in Artikel 3 des Grundgesetzes verankert wurde, war nicht selbstverständlich. Auf Initiative der vier weiblichen Mitglieder des Rates gab es damals sogar eine Radiokampagne, in der Frauen aufgerufen wurden, Postkarten an den Parlamentarischen Rat zu schreiben, um die Forderung nach Gleichberechtigung zu unterstützen.
Doch bis zur tatsächlichen Umsetzung vergingen fast zehn Jahre: Erst 1958 trat das Gleichberechtigungsgesetz in Kraft. Bis dahin konnte ein Mann als „Haushaltsvorstand“ seiner Frau beispielsweise die Berufstätigkeit verbieten.
Seit 2016 sind Städte in Baden-Württemberg mit mehr als 50.000 Einwohner*innen gesetzlich verpflichtet, eine kommunale Frauenbeauftragte zu benennen. In anderen Bundesländern sieht die Situation anders aus: In Sachsen etwa diskutiert die CDU derzeit über eine Abschaffung der Frauenbeauftragten.
Dass es weiterhin Handlungsbedarf gibt, zeigt ein Blick auf aktuelle Zahlen: Nur 10 % der Bürgermeister*innen in Baden-Württemberg sind weiblich und der Gender Pay Gap liegt immer bei rund 18 %.
Simone Thomas stellte auch einige ihrer zentralen Projekte vor:
- Frauennachttaxi: Ein Angebot, das vor allem Frauen nachts sicherer nach Hause bringen soll. Trotz der angespannten Finanzlage der Stadt wird die Fortführung des Angebots (Kosten: 560.000 € jährlich) angestrebt.
- Gewaltprävention mit dem SC Freiburg: In Zusammenarbeit mit dem Fußballverein werden junge Männer für Themen wie Respekt und Gewaltfreiheit sensibilisiert.
- Kostenlose Menstruationsprodukte an öffentlichen Orten: Trotz anfänglicher Bedenken der Stadtverwaltung wegen möglicher Vandalismusschäden gab es keine negativen Erfahrungen.
- Kostenübernahme für Verhütungsmittel bei über 22-Jährigen, die sich diese nicht leisten können – ein Angebot, das bislang wenig bekannt ist.
In der Diskussion sprach Simone Thomas auch heikle Themen an: Sie wünscht sich mehr Mut in der politischen Debatte – etwa bei der Streichung des §218 aus dem Strafgesetzbuch (Abtreibungsparagraf). Sie glaubt jedoch nicht, dass die aktuelle Bundesregierung hier wesentliche Änderungen durchsetzen wird.
Ihr Arbeitsalltag sei nicht immer einfach, berichtete sie , denn sie sieht sich mit einer wachsenden Zahl an Aufgaben konfrontiert, da Kommunen immer mehr Leistungen übernehmen müssen. Über den Austausch mit der Landesarbeitsgemeinschaft der kommunalen Frauenbüros (LAG) bleibe sie gut informiert – etwa über die teils prekäre Lage in ländlichen Regionen, wo Gleichstellungsarbeit oft noch schwieriger sei als in Freiburg.
Persönlich habe sie bislang keine Drohungen erhalten, allerdings schon (erfolglose) Dienstaufsichtsbeschwerden. Ihr Fazit zum Abschluss war dennoch klar:
„Gleichberechtigung ist ein gesellschaftliches Thema. Eine Gesellschaft, in der Gewalt abnimmt und alle gleiche Chancen haben, ist eine Gesellschaft, von der wir alle profitieren.“
Moderiert wurde die Politikstunde von Savita Schindler und Siena Mayer aus der K1.